15. Mai 2011 – Bericht/Fotos: Kari Schmid (Glis)
Nachdem ich am Samstagmorgen mein Einzelwettschiessen mit zufriedenem Resultat abge‐ schlossen hatte, stärkte ich mich noch mit einer Grillade, die vom Vereinskollegen anlässlich seiner Neuwagen Ausstellung offeriert wurde.
Am frühen Nachmittag lockte mich das Gredetsch. Zicco brauchte ich jedenfalls nicht zu überreden, freudig sprang er in den Jeep, wusste wohl schon, was in den nächsten Stunden abgehen sollte.
Nach kurzer Fahrt erreichten wir den Waldrand ob Birgisch, die Suone führte bereits Wasser, begeistert tummelte sich der Terrier im kühlen Wasser der Oberschta, wie die Wasserleitung genannt wird.
Bei diesem warmen Frühlingswetter hatte ich ausser meines Glases, einer dünnen Jacke und einer Taschenlampe nichts dabei.
Da die Suone durch vier mehr oder weniger mannshohe Tunnels führte, einer davon noch mit einer Krümmung, war die Taschenlampe recht hilfreich, um den stockdunkeln Tunnel ohne Beulen am Kopf zu passieren.
Zicco spulte seine Meter ab, um diese Tageszeit war auch kein Rehwild in der Nähe. So liess ich ihn frei herumtollen.
Vor der Brücke im äusseren Sentum musste er aber an die Leine, es war Murmeltierwetter, schon hallten die ersten Warnpfiffe durchs Tal.
Ausser den Lawinen hatte es bis weit ins Tal hinein keinen Schnee mehr. So suchte ich mit dem Glas die steilen Hänge nach Gams‐ und Fahlwild ab, hatte aber um diese Tageszeit keinen Anblick. So hielt ich auf und neben den Lawinenniedergängen Ausschau nach Fallwild.
Vor einigen Tagen konnte ich aus sicherer Entfernung die Lawinenniedergänge mitverfolgen, vom Abbruch auf 2800 m donnerten die Schneemassen in 20 Sek. bis in den Talgrund 1600 m herunter. Welch ein Schauspiel, denn alle paar Minuten lösten sich mit einem donnernden Knall die nächsten Schneemassen, um dann grollend den Weg ins Tal zu bahnen.
Nebenbei konnte ich einer Gruppe Steinböcken bei Ihrer Siesta zusehen. Als ich abermals durch mein Fernglas zu den Dösenden schaute, liess eine ohrenbetäubende Explosion mein Puls schneller schlagen. Eine Flanke von 500 M war in Bewegung geraten. Im Staunen dachte ich, hoffentlich war kein Wild hinein geraten, denn Rettung gab es da wohl keine mehr.
Inzwischen hatte sich die Sonne im engen Tal verabschiedet, ebenfalls die Murmeltiere. So konnte ich Zicco wieder von der Leine lassen. Gleich begann er die Bauten zu inspizieren, vergebens, die Nager hatten bereits ihr Nachtquartier bezogen. Hoch am Berg kamen nun vermehrt Gämsen in Anblick.
Bis zur ersten Hütte im Tal wollte ich noch gehen, Fallwild hatte ich bis anhin keines feststellen können. Die hatten sich wohl im rechten Moment aus der Gefahrenzone begeben.
Schon eine ganze Weile hatte ich einen Erlenstock mitten auf einer Lawine im Glas, immer wieder wurde mein Blick von dem Stock auf der Lawine angezogen.
Da ich mein Spektiv heute nicht dabei hatte, stieg ich den Berghang neben dem Lawinenkegel hinauf. Für mein Empfinden war zuviel Weiss im Wurzelstock.
Als ich dann nahe genug war, erkannte ich durchs Glas Gefieder das vom Wind hin und her gezupft wurde. Mein Staunen war riesig, ein Jungadler lag auf dem betonharten Schnee.
Ausser einer Flügelfeder, die ein Meter unter dem Vogel lag, und einer gebrochenen Feder, einer Schwinge, war der Adler unversehrt. Die Augen waren ausgetrocknet, der Vogel musste also schon am letzten Samstag in den Luftruck der herab donnernden Schneemassen geraten sein.
Kein alltäglicher Fund, im Moment wusste ich meine Gefühle nicht einzuschätzen.
Vorsichtig versuchte ich den Körper zu bergen. Die Kühlung auf der Lawine hat die Verwesung des Vogels verzögern lassen.
Verwundert hat mich nur, dass der Fuchs von dieser Tafel noch nichts mitbekommen hat.
Nach einer Weile kam doch Freude auf, der Adler war ja tot und wird in Zukunft in meinem Jagdzimmer stehen, was ja auch nicht in jedem Jagdzimmer der Fall ist.
Ordnungsgemäss meldete ich den Fund dem Wildhüter. Der Adler werde ich nun präparieren lassen.